Für Folge #6 meines Podcasts „Baba Hamsterrad, Servus Berufung“ habe ich Verena Kainz eingeladen, etwas über ihr Leben und ihren beruflichen Werdegang zu erzählen. Verena ist eine sympathische und hilfsbereite Kollegin, also ebenfalls psychosoziale Beraterin. Einer ihrer Themenschwerpunkte ist Mut und diesen lebt sie auch aus. Da sie immer sehr authentisch ist und ehrlich sagt, was Sache ist, habe ich beschlossen, diese Folge des Podcasts als direktes Transkript des Interviews wiederzugeben.
Hallo und herzlich willkommen zum Podcast „Baba Hamsterrads, Servus Berufung“.
Claudia – Host
Ich habe heute die liebe Verena Kainz zum Interview eingeladen und bedanke mich ganz herzlich fürs Kommen. Verena, möchtest du dich mal kurz vorstellen, bitte?
Verena– Gast
Ja, hallo. Danke, Claudia, dass ich da sein darf. Ich fühle mich sehr geehrt. Ja, wer bin ich? Ich bin die Verena, bin psychosoziale Beraterin zum Thema Mut, Selbstbewusstsein und Sexualität und mache das Teilzeit-Selbstständig, weil ich auch noch einen Brotjob habe. Das klingt immer so blöd, aber ja, bevor man halt so ganz in die Selbstständigkeit springt.
„Mut steht jedem“ sagt Verena
Super, vielen Dank, Verena. Für alle, die dich nicht kennen, was steht denn auf deiner Visitenkarte?
Auf meiner Visitenkarte steht, „Mut steht jedem„. Und ich meine wirklich jedem.
Okay, wie bist du auf das Thema gekommen?
Wie bin ich zu dem Thema gekommen? Ich habe mit meiner Ausbildung angefangen und habe den Entschluss generell schon sehr mutig gefunden. Und irgendwann einmal bin ich im Garten gesessen und habe mir gedacht, so und wie, wenn ich einmal eine Firma habe, wie heißt die, wie soll meine Firma heißen?
Ich habe keine Ahnung, ich habe keine Ahnung. Und plötzlich bin ich vor meinem Tablet gesessen und dann ist mir eingefallen, Mut. Es muss etwas mit Mut sein, weil ich bin selber so mutig. Na ja, wenn ich das kann, dann kann das ist ja jeder. Also Mut steht jedem. Und Mut kann jeder.
Sehr gut, super. Und sag mal, du hast ja so ein Symbol, das so ganz, ganz oft mit dir in Verbindung gebracht wird. Erzählst du uns einmal, wie das ausschaut und was das ist?
Ja, das ist eine Quietsche-Ente. Also ihr kennt sicher alle so diese Quietsche-Enten, die Kinder in der Badewanne haben und so eine habe ich auch. By the way, man ist nie zu alt für Quietsche-Enten. Das ist aber eine Ente, die ist erst über 18, weil diese Quietsche-Ente den Mittelfinger zeigt.
Und die habe ich von meinem damaligen Chef bekommen, weil ich halt immer – ich bin so ein vor mich hin Flucher, wenn ich halt arbeite und so weiter und so fort. Und das kriegt natürlich mein Umfeld mit, weil ich verstelle mich nicht, ich mache das einfach. Wir waren in Barcelona und mein Chef – wir waren eben in diesem Quietsche-Enten-Geschäft und der hat gemeint, das braucht ja jeder so eine Ente – und ich habe gar nicht viel geschaut und dann hat es geheißen Verena, ich habe eine Ente für dich. Und dann war das eben die Ente mit dem berühmt-berüchtigten Mittelfinger und seitdem ist das so ein bisschen mein Markenzeichen.
Weil so dieses, ich darf das Wort jetzt nicht sagen, dieses F-Wort, Attitude, braucht es im Leben. Einfach zu sagen, ich hoffe, ich darf das jetzt sagen: „Scheiß drauf“, weil oft braucht es das einfach. Es ist mir egal, es ist mir wurscht und das ist jetzt so mein Markenzeichen. Die gelbe quietsche Ende mit dem Mittelfinger.
Der Berufsweg – Ich war super mutig, aus heutiger Sicht wahrscheinlich ein wenig naiv.
Ja und das ist immer wieder witzig. Du hast ja gesagt, du bist selber sehr mutig. Erzähl mal, wie bist du eigentlich? Wie ist dein Berufsweg so verlaufen?
Puh, Claudia sagt mir, wie lange haben wir Zeit?
Das macht nichts, dann machen wir zwei Folgen draus.
Also ich habe eine Einzelhandelslehre gemacht, wo man so denkt, na ja, der Verkäufer, was soll der schon machen oder die Verkäuferin. Und ich bin dann, aber mit 21, 20 war ich noch, einfach nach Wien gegangen, weil ich bin gebürtige Steirerin, aber das werdet ihr wahrscheinlich jetzt schon gehört haben.
Und ich hab’ mir gedacht, okay, ich kann einfach einmal probieren, woanders hinzugehen und woanders zu arbeiten, außer in meinem kleinen Dorf, wo ich halt herkomme. Und habe das einfach blauäugig gemacht und habe mich in Wien beworben, mit der Annahme: bitte, da wird sich schon keiner melden.
Aber die haben sich gemeldet und die haben mich eingeladen und ich habe ein Vorstellungsgespräch gehabt und plötzlich haben die gesagt: „am Montag können sie anfangen“. Und ich so: „Super, ich komme“. Und habe das tatsächlich mutig, in der Tat – das würde ich heute wahrscheinlich sagen, naiv – auch gemacht. Weil ich überhaupt nicht darüber nachgedacht habe, was das heißt, das Bundesland zu wechseln ohne Wohnung, dass man vielleicht eine Beziehung daheim hat oder so.
Aber ich bin halt einfach gegangen und habe das einfach probiert und habe es einfach gemacht. Und ich bin dann in die Telekommunikationsbranche gerutscht. Und von da bin ich dann eigentlich komplett quer eingestiegen in die IT, was man sich auch nicht irgendwie hätte vorstellen können. Aber ja, ich habe es einfach gemacht, weil ich mir gedacht habe, na viel mehr, als dass die nein sagen können, kann ja nicht passieren. Und dann bin ich von der IT ins Prozessmanagement-Wesen gegangen. Also ich habe viel mit SAP und so Zeug zu tun gehabt und das ist jetzt so eigentlich mein Werdegang unabhängig von meiner Ausbildung.
Du hast gesagt, du hast angefangen mit Einzelhandelskauffrau. Erzähle mal bitte in welcher Branche?
Ich habe in der Elektrobranche gelernt. Und zwar, jeder kennt einen Media-Markt, nur dass man halt das früher, wie ich gelernt habe, auf dem Land in einem kleinen Familienbetrieb halt nicht so gemacht hat wie jetzt bei einem Medien-Markt. Weil es war halt einfach so, wenn der Elektriker irgendwie auf der Baustelle keine Leute hat, dann hat er halt die Leute aus dem Verkauf gefragt, ob sie mitkommen und helfen.
Und somit habe ich halt nicht nur, weiß ich nicht, Teekocher und Waschmaschinen verkauft, sondern ich habe auch geschleppt und installiert und ich habe auch SAT-Schüsseln montiert und Kabel verlegt. Also so ein bisschen andere Verkaufslehre, wie man vielleicht jetzt vermuten würde.
Aber du hast dann schon fertig gelernt, oder nicht?
Ja, ich habe fertig gelernt, habe normal abgeschlossen alles, habe dann auch noch zwei Jahre gearbeitet. Es war dann aber halt leider so, dass, wie gesagt, ich komme aus einem kleinen Kuhdorf und man kennt das ja, dass dieses typische Geschäftesterben. Und auch unser Betrieb war davon betroffen. Und dann hat es halt Kündigungen gegeben, natürlich. Dann war halt so der nächste Schritt so: „Scheiße, was mache ich jetzt?“
Und dann bist du nach Wien gegangen, ohne Wohnung, ohne Job?
Nein, also ich habe mich ja quasi aus Jux von Tollerei eigentlich beworben. Aber nie, also eben wie gesagt – total naiv – weil ich mir immer gedacht habe, dass die große Stadt Wien wird sich doch nicht bitte die kleine Lampenpomeranze holen.
Das war immer so mein Gedanke. Ich war nie auf die Idee gekommen, dass sie die wirklich möchten. Wirklich, aus dem heraus habe ich mich beworben dort. Und ich war wirklich komplett perplex, das war wie, wenn es gestern gewesen wäre, wie die mich plötzlich aufgerufen haben.
Und als die mich dann genommen haben, habe ich dann wirklich das erste Mal realisiert, was das heißt. Koffer packen, die Beziehung – Hält die das aus? – so quasi diese 200 Kilometer, wie auch immer. Und dann halt auch, ja, und „Wo wohne ich jetzt?“ Und ich habe aber Gott sei Dank eine Tante gehabt und die hat mich dann aufgenommen und ich habe gefragt, ob ich, bis ich etwas habe, vielleicht irgendwie bei ihr wohnen darf, weil ich halt am Montag schon anfange. Meine Tante war so, die war immer super nett, die hat nie irgendwie was abgeschlagen oder so und dann hat sie gesagt: „Ja wir haben zwar keinen Platz, aber du kannst halt da am Boden auf der Matratze schlafen.“, und das war so mein Einstieg.
Und wie ist es dir dann weitergegangen in Wien? Hast du dich zurechtgefunden?
Ich glaube jeder, der schon mal irgendwie woanders hingezogen ist und dann alleine gewesen ist, weiß, dass das nicht so einfach ist, dass man sich da mal einfinden muss. Aber ich glaube, wenn man jung ist und wenn man dann auch noch jung ist, ich war ja erst 21 oder 20, da geht man fort, da redet man mit Leuten und über die Arbeit findet man dann Freunde und so. Aber es war schon natürlich eine Challenge, das zu meistern, sich wirklich wohlzufühlen, dass man dann dieses Gefühl hat, zu Hause zu sein.
Schätze mal, wie lange hat das gedauert, bis diese Veränderung, – das war ja doch eine starke Veränderung, die du da gemacht hast – sich auch gut angefühlt hat für dich?
Also ich würde schon sagen, dass es – ich kann es jetzt nicht mehr genau sagen, aber es war immer so, – ich glaube, es ist ein ganz langer Prozess gewesen, bis man sich wirklich reinfindet, weil es ja immer wieder unterschiedliche Schritte waren. Man wechselt den Job, man wechselt die Wohnung.
Ich würde sagen in den ersten zwei, drei Jahren, glaube ich, bis ich wirklich das Gefühl gehabt habe, ich habe nicht das Bedürfnis, jedes Wochenende in die Steiermark zu pendeln, weil ich etwas vermisse, sondern ich kann auch am Wochenende da bleiben, weil ich so ein Gefühl habe, ich fühle mich wohl. Ich kann Freunde besuchen oder ich kann einfach einmal alleine daheim bleiben, weil ich genug unter der Woche zu tun habe.
Und dann hast du innerhalb von Wien auch noch mehrmals den Job gewechselt. Habe ich das jetzt richtig verstanden?
Genau, also ich habe dreimal den Job gewechselt. Ich bin einmal mit dem Job, wo ich hergekommen bin, den habe ich gehabt, ein paar Jahre. Und dann habe ich aber keine Lust mehr gehabt. Man kennt das, wenn Firmen übernommen werden, dann neue Besen kehren gut. Und so war das dann auch und das wollte ich nicht mehr.
Und dann habe ich gesagt, okay, passt, ich muss jetzt wieder was verändern. Und ich habe dann einen Job in der IT-Branche gesehen und habe mir gedacht, okay, ich kann das. Es war ausgeschrieben als Assistenz plus Außendienst. Und also es war so, ich mache so 50-50. Und ich habe mir gedacht, das kann ich schon, das mache ich schon. Ich bewirb mich da einfach, weil mehr, als dass sie sagen: „Hören Sie, was machen Sie da? Sie haben Null Erfahrung“, kann nicht sein. Und gesagt, getan.
Und was mir heute noch im Kopf ist und woran ich immer wieder denke und was ich auch ganz oft meinen Klienten sagen muss, der hat zu mir damals gesagt: „Wissen Sie, Erfahrungen haben es wirklich keine.“ Und ich habe gesagt: „Ja, das stimmt.“ Aber er hat dann gesagt: „Dinge über die IT kann man lernen, aber Menschlichkeit und Empathie kann man nicht lernen.“ Und er hat mich einfach vom Fleck weg eingestellt, genau unter der Prämisse, dass er gesagt hat, das kann man alles lernen. „Es gibt nichts, was man nicht lernen kann. Aber sie passen da rein und das passt.“ Und hätte ich mir davor Gedanken gemacht – Also eigentlich, Leute, ich lüge euch nicht an – ich habe kein einziges Kriterium erfüllt, was da in dieser Ausschreibung gestanden ist. Und trotzdem habe ich es gemacht. Aber hätte ich mich da leiten lassen von meinem Verstand, von meinen Zweifeln, wäre ich jetzt nicht da, wo ich bin.
Wie lange hast du dir das angeschaut, bis du gesagt hast: „Also das passt jetzt nicht mehr für mich.“ Wie schnell ist das gegangen?
Es war schon so, dass man natürlich zuerst einmal abgewartet und geschaut hat, okay, was macht die neue Geschäftsführung. Dann war ziemlich schnell klar, dass sie die, die schon lange dabei waren, wieder back to the roots, ganz am Anfang hinstellen und wirklich die Idiotenjobs haben machen müssen. Und das war für mich so eine Sache.
Ich habe mir irgendwann einmal gesagt, dass ich mich nicht mehr ans Telefon setze zum Beispiel. Also ich habe Beschwerdemanagement gemacht und habe angefangen in einem Callcenter zum Beispiel. Und ich habe mir geschworen, nach sechs Monaten, das werde ich nie wieder machen. Also Hut ab für alle, die das heute noch machen. Es ist ein Knochenjob. Und nachdem das gekommen ist, die alten müssen wieder am Anfang hin und das machen, war für mich relativ schnell klar: „Nein, sicher nicht. Das mache ich nicht.“ Und ich habe dann wirklich schnell angefangen zu schauen und zu suchen.
Also das heißt, du hast sehr klar gehabt, was du machen möchtest, bzw. was du nicht machen möchtest.
Eher, was ich nicht mehr machen würde. Genau.
Okay und dann in der IT, wie war das dann für dich? So in dieser Assistenz- und Verkaufssache. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Genau, völliges Neuland, muss ich gestehen. Also Assistenzjob ist jetzt, das kriegt man schon hin. Ich denke mir, Briefe schreiben, Verträge aufsetzen und keine Ahnung, irgendwelche Hotels buchen oder so etwas, das hat man ziemlich schnell heraus. Jeder arbeitet mit unterschiedlichen Tools und so weiter.
Es war eine SAP-Outsourcing-Firma, wo ich war und mein damaliger Chef hat recht behalten, weil Dinge, die man sich dann halt immer wieder anschaut, ja, das lernt man dann schon. Erst einmal war es eine Männerdomäne, ist es immer noch, glaube ich, vermehrt zumindest wie eine Frauendomäne. Aber der Außendienst war schwierig, weil das gar nicht meins war am Anfang. Ich bin dann immer mitgegangen und habe mir das halt so angeschaut. Und es war dann ziemlich schnell klar, dass die Burschen einfach, wen gebraucht haben, als Entlastung auch, weil sie nicht alles haben machen können. Und es war dann ziemlich schnell klar, dass ich einfach so, einfachere Kunden übernehmen soll. Das habe ich dann auch gemacht und habe halt einfach gesagt: „Ja, mache ich schon.“
Ist Verkaufen schwierig oder nicht?
Verkaufen ist schon schwierig. Ich glaube, es kommt immer davon, ob man von seinem Produkt überzeugt ist. Weil, wenn du von deinem Produkt überzeugt bist, weißt, was das kann und weißt, was der Kunde dir erzählt, was sein Problem ist und du genau weißt: „Das, was ich habe, das löst es.
Nimm das, dann hast du es nicht mehr, das Problem.“ Wenn du das so klar vor dir hast, dann ist Verkaufen nicht schwer. Wenn du das nicht hast, dann möchtest du es nicht machen.
Okay, also dann warst du zum Teil im Verkauf in der IT und wie ist dann weitergegangen?
Das habe ich dann, jetzt muss ich schon überlegen, drei Jahre gemacht und dann habe ich aber gesagt, irgendwie will ich das nicht mehr, weil es überhandgenommen hat. Wir kennen das alle, es ist ja nie Geld da für Gehaltserhöhungen und dann habe ich gesagt: „Okay, das will ich irgendwie auch nicht, weil ich leiste viel mehr, als ich verdiene und das will ich auch nicht. Ich möchte etwas anderes machen.“ Und dann habe ich wieder gewechselt und habe wieder angefangen zu suchen und zu schauen und habe wieder gewechselt.
Das heißt, da war auch eigentlich so diese Hauptmotivation: Das will ich nicht.
Genau. Also ich persönlich glaube, dass es für mich so ist, dass ich ziemlich schnell klar habe, was ich nicht will. Da weiß ich noch gar nicht, was ich eigentlich will, aber ich weiß, was ich nicht will. Und für mich ist das auch oft, zumindest beim Jobthema, ein eindeutiges Kriterium, dass ich sage:“Okay, passt, da gehe ich einfach.“
Na ja, gut, die Leidensfähigkeit ist individuell sehr unterschiedlich. Und dann, jetzt bist du ja noch immer im Prozessmanagement. Und wie bist du dann vom Prozessmanagement zur LSB gekommen, zur Lebens- und Sozialberatung?
Ich habe mit 38, glaube ich – böse Zungen behaupten, ich war in einer Midlife-Crisis. Im Nachhinein, ja, kann schon sein. Mich hat mein Job einfach nicht mehr glücklich gemacht. Ich habe nach jedem Meeting, das ich gemacht habe, nur vor mich hin gesudert und geflucht. Und auch meine Umwelt hat das schon mitbekommen und ich wurde auch darauf angesprochen, ob es nicht vielleicht Zeit wäre, etwas zu ändern. Und dann habe ich mir gedacht: ja, kann sein, kann ich mal schauen. Und so hat dann der Prozess gestartet.
Also du hast dich umgeschaut und wie bist du dann auf Lebens- und Sozialberatung gekommen?
Also das war zuerst noch gar nicht so. Ich habe zuerst gedacht: „Passt, ich packe meine Koffer und gehe ein Jahr ins Ausland und lerne einfach Englisch.“ Mein Partner, wie ihr euch ungefähr vorstellen könnt, war jetzt nur bedingt erfreut darüber, dass ich gesagt habe: „Du, ich gehe jetzt ein Jahr nach Neuseeland und ich lerne halt Englisch einfach für ein Jahr.“
Er war dann zwar letzten Endes einverstanden und hat auch gesagt: „Okay, mach halt einfach, ja.“ Aber er hat dann die Frage der Fragen gestellt, weil er dann gemeint hat: „Was, glaubst du, verändert sich, wenn du nach einem Jahr zurückkommst, was machst du dann?“ Und ich habe mir gedacht: „Ja, er hat recht, was mache ich nachher? Vielleicht ist nachher wieder alles nicht schön.“ Und dann habe ich mir Hilfe geholt, einfach weil ich selber nicht gewusst habe, wie, was, wann, wo, warum.
Und ich bin selber in Beratung gegangen, habe mir Coaches geholt, war in – keine Ahnung wie vielen – diese Berufsorientierungsberatungen etc. und so. Ich habe keine Ahnung, wie viel Persönlichkeitstests gemacht. Und irgendwann habe ich mich dann selber einfach damit befasst, was ich eigentlich mit meinem Leben noch machen möchte, und bin dann auf das gestoßen, auf die Lebens- und Sozialberatung. Und habe mich dann eingelesen und habe dann für mich festgestellt: Ja, das will ich, das schaue ich mir jetzt einfach einmal an. Weil auch da ist es so, ja sicher hat die Ausbildung viel Geld gekostet, aber wenn ich jetzt zwischendurch merke, das ist nicht meins, dann höre ich wieder auf und mache etwas anderes.
Auf dem mutigen Weg zur Sexualberaterin
Das hast du aber Gott sei Dank ja nicht gemacht, sondern du hast dann noch weiter vertieft sogar, du hast dich spezialisiert.
Genau, also ich habe weitergemacht, ich habe abgeschlossen und weitergemacht und ich habe die Sexualpädagogik gemacht und bin jetzt bald Sexualberaterin.
Und du hast auch schon eine eigene Praxis gegründet, eine Gruppenpraxis.
Genau, genau. Also es war für mich ziemlich schnell klar, wir haben in der Corona-Zeit die Ausbildung gemacht, wir waren alle online-geschädigt, unter Anführungszeichen. Jeder war sich irgendwie leid über Zoom, Teams, Google Meet, wie sie auch immer alle heißen, Meetings, Beratungen, Lehrveranstaltungen zu haben.
Und es war dann klar, dass wir uns zu dritt zusammengetan haben, noch zwei Mädels aus der Ausbildung. Wir haben uns super verstanden, es hat super gepasst und wir haben gesagt, wieso gründen wir nicht was? Wieso tun wir uns nicht zusammen? Es ist kostentechnisch viel einfacher. Wir wissen alle, Wien ist ein teures Pflaster. Warum tun wir uns nicht zusammen und gründen einfach eine gemeinschaftliche Praxis, weil wir können auch gemeinsam viel erreichen, als wenn jeder allein kämpft.
Und das habt ihr doch erfolgreich gemacht, oder?
Genau, gesagt, getan. Das war jetzt nur bedingt einfach, Praxisräume zu finden, die passen. Aber wir haben es geschafft und wir haben letztes Jahr, es war jetzt ein Jahr alt, offiziell eröffnet haben wir es heuer im Februar, aber gegeben hat es sie ein bisschen über ein Jahr genommen.
Super. Und du machst ja auch schon geraume Zeit immer wieder Postings in Social Media und ich verfolge die natürlich und du bist mir mit zwei Postings sehr in Erinnerung. Mit dem Ersten bist du mir überhaupt erst einmal aufgefallen und das Zweite war jetzt ähnlich, wo du irgendwas gepostet hast und scheinbar hat jemand zurückgeschrieben oder sich aufgeregt über Dellen oder so. Erklärst du uns das einmal ein bisschen und was du darauf gesagt hast?
Also es ist um den Körper gegangen. Und ich bin groß und sicher ein bisschen zu schwer, wie ich sein sollte, wie auch immer. Wurscht, darum geht es auch nicht. Aber es geht darum, dass man alles tragen kann, wenn man das nur will. Und zwar war das so, ich war im Fitnesscenter und ihr wisst, vor einer Woche hat es 35 Grad gehabt.
Ich gehe in ein Fitnesscenter, in ein nicht klimatisiertes Fitnesscenter, und es kann sich jeder ungefähr vorstellen, wie warm es da ist. Und wenn man trainiert, wird es natürlich noch viel schneller warm, man schwitzt. Und ich kann, und ich bin generell eine Type, die einfach schnell schwitzt, und ich kann keine langen Hosen anziehen, nur weil man meine Cellulite auf den Schenkeln oder am Popo sieht. Ich bin auch nicht gewillt, es zu machen, nur weil es andere nicht schön finden. Und ergo habe ich dann halt ein Posting gemacht, einfach zu zeigen, dass diese Dellen völlig normal sind.
Natürlich kann man mit Ernährung und Sport dagegen steuern, aber man darf halt auch nicht vergessen, dass es auch ein gewisser Anteil an Veranlagung ist, den man halt einfach hat. Und dass es genauso Frauen wie Männer gibt, die vielleicht gute Maße haben, wobei, was ist gut, aber trotzdem, die genauso Cellulite haben. Und das hat nichts mit Gewicht und co zu tun. Ich finde es überhaupt nicht okay, wenn sich Menschen aufgrund anderer einschränken, nur deswegen und dann leiden, weil es heiß ist, weil sie schwitzen und lange Hosen anziehen. Und das ist nur ein kleines Beispiel von vielen.
Nur, weil es anderen nicht gefällt. Und ich meine, ja sicher finde ich meine Cellulite jetzt auch nicht schön. Schön ist anders, das wissen wir, aber wenn ich einen Kratzer in meinem Auto habe, dann finde ich das auch nicht schön. Das ist so subjektiv und es kommt darauf an, wie ich damit umgehe. Ob ich sage, ja, ich habe Dellen. Und da wäre jetzt wieder die Ente am Start gewesen, weil da braucht es halt einfach dieses, darf ich nicht sagen, F-Wort, Attitude, zu sagen, du bist mir Wurscht-Type, wer auch immer du bist.
Wunderbar, ich liebe das, wenn du den Leuten den Kopf so zu Recht rückst.
Du hast insgesamt doch einiges an Zeit und Ressourcen in Ausbildungen investiert. Wie siehst du denn Ausbildungen, welchen Stellenwert gibst du denen? Also Aus- und Weiterbildungen.
Jetzt muss ich mir helfen, was genau meinst du jetzt da? Für mich, was es für mich für einen Stellenwert hat? Für mich war es einfach extrem wichtig, weil ich eine komplett andere Richtung eingeschlagen habe. Ich bin ja wirklich komplett branchenfremd in diese Ausbildung gekommen und habe dann aber ziemlich schnell gemerkt, dass das genau das ist, was ich machen will. Und für mich ist es einfach wichtig, gut darüber Bescheid zu wissen, extrem wichtig, mich als Expertin hinzustellen. Also ich bin nicht diejenige, die verkaufen kann, ohne zu wissen, was sie eigentlich verkauft. Das bin nicht ich, das wäre nicht ich. Und deshalb ist es für mich schon wichtig, wirklich fachkundig zu sein und Expertise zu haben, über die ich rede.
Du hast ja im Laufe deiner beruflichen Entwicklung auch immer einiges dazu lernen müssen. Du hast ja selber gesagt, du bist Quereinsteiger in der IT gewesen und im Einzelhandel zusätzlich noch Installateur-Lehre nebenbei. Also hast du eigentlich auch immer viel lernen müssen.
Genau, es war halt immer wieder etwas Neues, aber ich glaube, das braucht es auch, weil es ist schon so, dass wir natürlich, wenn wir uns innerhalb von unserer Komfortzone bewegen, das kennen wir alles, das ist alles unser gewohntes Terrain und da fühlen wir uns wohl, da kann uns gar nichts passieren. Aber man muss sich ganz klar vor Augen führen, dass wenn ich Veränderung möchte, diese Veränderung außerhalb von dieser Komfortzone stattfindet. Das kann nicht innerhalb passieren. Das heißt jetzt nicht, dass ich von jetzt auf gleich, keine Ahnung, nach Las Vegas fahre und irgendwen heiraten muss. Ja, darum geht es gar nicht. Das zählen wirklich kleine Schritte. Und wenn ich nur mit den Zehen aus dieser Komfortzone und einem kleinen Schritt gehe, ist es schon mehr in Richtung Veränderung, als in meiner Komfortzone sitzenzubleiben.
Komfortzonen-Stretching sozusagen.
Ja genau, genau. Langsam. Das ist der Einstieg.
Genau. Ja, also ich kann das auch aus meiner beruflichen Erfahrung und auch aus meiner Masterarbeit bestätigen, dass Aus- und Weiterbildungen so wirklich lebensverändernd sein können und oft die Basis dafür bilden, dass man irgendwo beruflich neue Fuß fasst. Aber es bringt einfach neue Perspektiven auch. Das ist wichtig. Aber man braucht den Mut, dass man so halt anfängt.
Stimmt, genau.
Verena, erzählst du uns noch, was sind denn so deine aktuellen Projekte?
Puh, meine aktuellen Projekte? Na ja, das nächste, es gibt einen Workshop jetzt am 14. Oktober, den mache ich mit meinen Mädels aus der Praxis, mit Sandra und Sandra. Da wird es darum gehen, dass man seine innere Heldin findet. Jetzt fragt euch sicher, was heißt denn jetzt das wieder?
Es geht darum: Wir wissen ja alle, dass wir ganz stark immer Alltagshelden sind. Wir sind Mama, wir sind Partnerin, wir sind Lehrerin, wir sind Pädagogin, wir sind IT-Mensch, wir sind keine Ahnung was. Und wir selber kommen aber ganz oft zu kurz oder wir stellen uns hinten an. Und da wird es einen Workshop geben, wo wir einfach zeigen möchten, dass man sich sehr wohl Zeit nehmen kann für sich selber, dass man seine Heldin einmal kennenlernt. Was ist meine Heldenstärke? Beziehungsweise sie auch vielleicht ein Stück weit ganz anders kennenlernt, was man vielleicht vorher noch gar nicht vermutet hat, das in einem steckt. Und ganz andere Stärken hervorkehrt, wo man sagt, ja stimmt, die habe ich ja auch noch. Darum wird es gehen.
Also quasi ein Spielplatz für deine eigenen Stärken.
Genau, Stärken. Und es geht auch darum, wieder so ein bisschen Selbstvertrauen in sich selbst zu finden, ein bisschen Selbstbewusstsein, wieder nach außen zu kehren, weil damit einfach viel mehr möglich ist, als wenn man sich dann vielleicht schon überlegt, was zu machen und dann es immer wieder nicht macht, weil halt das gewisse Selbstbewusstsein oder das Selbstvertrauen in sich fehlt einfach.
So Im Hintergrund hört man gerade die zwei Katzen ein bisschen sich Freundlichkeiten sagen. Aber ja, schauen wir mal, ob sie sich noch beruhigen. Verena, wie kann man dich denn erreichen?
Mich findet man entweder über Social Media oder über meine Homepage mit der www.mut-steht-jedem.at . Auf Insta findet man mich auch, jetzt dürft ihr dreimal raten, mit welchem Slogan, verenakainz-unterstrich-mut steht jedem und natürlich auch telefonisch, aber das steht alles auf der Homepage.
Und möchtest du unseren HörerInnen noch irgendetwas mitgeben? Noch irgendetwas, was sie gut mitnehmen können?
Ja, liebe Leute, überlegt, wie lange ihr schon auf der Welt seid, was ihr schon gemacht habt, und dann überlegt, wie ihr weitermachen wollt. Und vergesst nicht, wir haben nicht 9 Leben wie die Katzen, weil ich sie jetzt gerade sehe, sondern wir haben nur das eine. Und das wäre echt schade, wenn ihr das nicht nutzen würdet, nur weil ihr vielleicht einen mutigen Schritt nicht machen wollten oder weil euch ein Selbstbewusstsein fehlt oder so. Haltet euch immer vor Augen, dass das Leben, auch wenn wir nicht darüber reden, ein Ablaufdatum hat. Und genießt es. Seid mutig. Und ihr dürft hie und da einfach dieses F*** vorzeigen.
Super. Vielen Dank. Ich werde mir jetzt auch die Erlaubnis geben, dass ich das öfter mal sage.
Verena, vielen, vielen Dank, dass du da warst und du deine Erfahrungen mit uns geteilt und auch ein paar Portionen Mut ausgeteilt hast. Das kann man immer gut brauchen. Und dass du uns hier besucht hast. Danke schön.
Hier erreichst du Verena Kainz:
Instagram: https://www.instagram.com/verenakainz_mutstehtjedem/
Danke Claudia
Wenn du jetzt auch mutig Anlauf nehmen und deine berufliche Veränderung in Richtung Sinn und Erfüllung angehen möchtest, dann melde dich gerne bei mir und höre in die Podcastfolge hinein.
Deine Claudia